Die Geschichte des „Fetten Donderdag“

Eine Eigentümlichkeit und eine Besonderheit hat die Bürger-Schützen Gesellschaft in ihrem Vereinsleben aufzuweisen, den „Fetten Donderdag“. Es ist der letzte Donnerstag vor der Fastenzeit, heute als Tag der „Alten Weiber“ im Brauchtum verankert. Man pflegt an diesem Tag noch einmal ein „fettes“ Leben, ehe der Aschermittwoch den Beginn einer Zeit des strengen Fastens festlegt. Man muss bis zum Jahre 1890 zurückblicken, um die Bedeutung dieses Tages zu erkennen. Es gab im Rahmen des geselligen Lebens dieser Zeit in Kevelaer wenige Höhepunkte. Es waren ein Konzert des Musikvereins, eine Aufführung eines Theaterstückes der St. Sebastianus-Junggesellenbruderschaft und eben den „Fetten Donderdag“ der Bürgerschützen. Bei dieser Veranstaltung wurde nicht getanzt – zum Tanz ging man zur Kirmes in die umliegenden Dörfer – es waren vielmehr Theatervorführungen, Vorträge und Kabarettlieder mit humorvollen und satirischen Inhalten.

Als Ort des Ereignisses ist der „Ossekopp“ in der Maasstraße benannt und damit eng verbunden Maria Martens. Die Wirtin wird als eine „resolute, lebensgewandte und auch lebenskluge Frau“ geschildert. Sie war mit ganzem Herzen ihren Schützen zugetan und so gab sie sich viel Mühe, den Schützen den „Fetten Donderdag” so nett und angenehm wie eben möglich zu machen. Das geschah dann so, dass der Saal gesäubert und ausgekehrt wurde, damit frische und reine Luft garantiert war. Danach wurde er mit Girlanden und Fähnchen ausgeschmückt, und an der Stirnseite fanden das Vereinszeichen und die Fahne ihren Platz. Um die meist getrunkene Bowle anbieten zu können, mussten in der ganzen Nachbarschaft die Suppenterrinen ausgeliehen werden.

Den Theaterstücken kamen am „Fetten Donderdag” eine herausragende Bedeutung zu. So wurden die Vorbereitungen und Proben ebenfalls mit viel Sorgsamkeit und Eifer durchgeführt. Es war die Besonderheit der damaligen Zeit, dass es nicht erlaubt war, die weiblichen Rollen auch von Frauen oder Mädchen spielen zu lassen. Da war es wieder Maria Martens, die „mit kundiger Hand und echt fraulicher Gescheitheit“ für die Ausstattung der Darsteller(innen) sorgte. Berichtet wird, dass die „ in Frage kommenden Mimen auch ziemlich weiblich auf die Bühne kamen“ und „alle Attribute weiblicher Formen-Schönheit” wurden dem Schauspieler mit den damals bekannten Hilfsmitteln angezaubert. Der Ablauf des Abends war also geprägt von meist zwei Theaterstücken, viel gemeinsamen Gesängen aus eigens dafür beschafften Liederbüchern und zwischendurch dem Genuss von Bowle. Die Arbeiten für den „Fetten Donderdag” fanden ihren Abschluss in einem feudalen Abendessen, das die Wirtin Maria Martens für die Akteure ausgab. Mit dem Tode der Vereinswirtin Maria Martens im Jahre 1906 gab es einen Umzug der Veranstaltung in das Hotel „Zum goldenen Apfel“.

Die Zeit brachte es mit sich, dass es möglich wurde, die weiblichen Rollen auch mit Damen zu besetzen. Diese neue Lage zeigte sich nicht nur auf der Bühne. So wurde Maria Dyx, die Gattin des damaligen Präsidenten, Leiterin der Theaterabteilung. Sie brachte auch Theaterstücke zur Aufführung, die sie selber in Kävels Platt geschrieben hatte.

Mit dem Wirken von Franz van Betteraey veränderte sich die Ausschmückung des Theatersaales. Er schaffte für den „Fetten Donderdag” einen künstlerisch schönen Rahmen. Unter seinen Händen entstand erstmals eine vollständige Saaldekoration. Jährlich wechselte das Motto für den Abend. Damit verbunden war dann auch eine entsprechende Kostümierung der Besucher. Getanzt wurde noch immer nicht. Erst nach Aufhebung des Tanzverbotes nach 1933 kam „das bewegende, aufmunternde und auch verbindende Element“ auch beim „Fetten Donderdag” zur Wirkung. So gestaltete sich der Abend, wie er auch heute noch einigen Schützen bekannt sein dürfte: „Kostüme, Musik, eine festliche Saaldekoration, Rhythmen, Tanz, Melodien.“Der vielseitige und umfassende Einsatz von Franz van Betteraey, der nicht nur jährlich die neue Saaldekoration schuf sondern auch auf der Bühne stand, Reden hielt und in der Bütt stand, fand seine Grenzen und er konnte diese umfangreichen Aufgaben nicht mehr alleine bewältigen. So beschloss man in einer Versammlung im November 1952 einen Elferrat mit der Durchführung des Abends zu betrauen. Damit erhielt Franz van Betteraey, der inzwischen seit 45 Jahren der Garant für den „Fetten Donderdag” war, eine angemessene Entlastung. 

Der erste Abend mit Elferrat unter dem Motto „Ein alter Seemann“ stand unter der Leitung von Paul van Betteraey, Prinz war Otto I. (Otto Tenhaef) mit Prinzessin Marianne Valkyser.

Beispielhaft zu den Geschehnissen am „Fetten Donderdag” berichtet ein Protokollauszug aus der Feder des damaligen Schriftführers Franz Cleve.

„Fetten Donderdag” 1956

„Die Bürgerschützen waren durch Sondereinladung zum „Fetten Donderdag” geladen und waren dieser Einladung zahlreich gefolgt, so dass dieser „Fetten Donderdag” im Jahre 1956, im Jubeljahr, unter dem Motto: Mit Helau und Trara ins Jubeljahr, ganz groß gefeiert werden konnte. Unter den Fanfarenklängen des Musikkorps vollzog sich der prächtige Einzug des Elferrates mit der Prinzengarde, Funkenmariechen und Marketenderin. Die Kostümierung war vorbildlich, so dass auch die Stimmung gleich zu Beginn auch entsprechend stieg. Unter dem Präsidenten Fritz Cleve wurde zunächst die Ehrung des ältesten Karnevalisten, Franz van Betteraey für seine außergewöhnlichen Verdienste um den „Fetten Donderdag” der vergangen Jahrzehnte vorgenommen. Sodann wurden die Närrinnen und Narren durch Musikeinlagen und Lieder in Stimmung gebracht unter Abwechslung mit den immer wieder neuen, originellen und zündenden Büttenreden. Als Erster trat Fritz Cleve als Pogge-Fritz in die Bütt. Anschließend trat die Schönheitskönigin auf, vorgeführt von Fritz van Betteraey jun.. Sehr gut und ideenreich war die gemeinsame Aufführung von Walter Gatzweiler, Paul van Bettereay und Menn Opwis mit dem Campingwagen. Es folgte als Schuljunge und Hänschen-klein Heinz Niederee. Als Vertreterin der Weiblichkeit, stieg Marianne Stassen in die Bütt. Sie wusste sehr wohl den Mannsleuten Bescheid zu sagen. Bei Nichtbefolgung ihrer Ratschläge drohte sie mit Einberufung in die neue Wehrmacht. Danach folgte der prachtvolle und glänzende Einzug von Prinz Ernst I. (ErnstOpwis) und ihrer Lieblichkeit Berna (Berna Voß), Frau des Schützenbruders Bernd Voß.

1962 endeten die Veranstaltungen, da sich die Feiergewohnheiten geändert hatten und nicht mehr genügend aktive Mitarbeiter gefunden werden konnten. Letzter Karnevalsprinz war 1962 Paul Kleinbielen.